Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes Teil 1: Vorteile der deutschen Staatsbürgerschaft, Verringerung der Mindestvoraufenthaltsdauer, Vorschau
June 25, 2024
By: Uwe Humbs
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Der in zwei Teilen angelegte Blog beschäftigt sich mit der lang erwarteten revolutionären Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts, deren Großteil an gesetzlichen Neuregelungen am 27. Juni 2024 in Kraft treten wird.*
Das bereits zu Beginn des Jahres verabschiedete Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts kann wahrhaftig als revolutionär deshalb bezeichnet werden, weil es die in Deutschland längst überflüssige Mehrstaatigkeit erlaubt und der Einbürgerungsbewerber seine ausländische Staatsangehörigkeit zur Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit somit nicht mehr aufgeben muss. Zudem wird die lange Mindestvoraufenthaltsdauer in Deutschland von ganzen acht Jahren als zentrale Grundvoraussetzung zur Einbürgerung auf fünf und unter gewissen Voraussetzungen sogar auf drei Jahre verkürzt. Weitere essenzielle Änderungen betreffen die Geburt ausländischer Kinder in Deutschland, den Wegfall des Optionsverfahrens sowie bestimmte rechtliche Begünstigungen für die sogenannte Gastarbeiter- und Vertragsarbeitergeneration.
Im ersten Teil des Blogs sollen zunächst die allgemeinen Vorteile der deutschen Staatsbürgerschaft aufgezeigt werden, bevor das Augenmerk der ersten großen Gesetzesänderung der Verringerung der Mindestvoraufenthaltsdauer in Deutschland geschenkt werden soll. Ein erstes Zwischenfazit sowie ein Ausblick auf den zweiten Teil beschließen den Blog.
Vorteile der deutschen Staatsbürgerschaft
Die Vorteile einer deutschen Staatsbürgerschaft und damit die Erlangung des deutschen Reisepasses sind äußerst zahlreich und vielfältig. So gilt letzterer als einer der stärksten der Welt und bietet weitreichende rechtliche Vorteile bei der Einreise und dem Aufenthalt in zahlreichen Staaten der Welt. Als deutscher Staatbürger kommen Sie zudem in den Genuss der sogenannten Deutschengrundrechte, die ausschließlich diesen, nicht aber Ausländern vorbehalten sind. Dazu zählen die Berufs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Sie erhalten außerdem das aktive und passive Wahlrecht, was Ihre politischen Partizipationsmöglichkeiten in der Bundesrepublik Deutschland stärkt. Als deutscher Staatsbürger besteht darüber hinaus Zugang zum deutschen Beamtentum. Sie können somit Berufe ergreifen, die eine Verbeamtung vorsehen oder zumindest in Aussicht stellen. Während selbst der unbefristete Aufenthaltstitel der deutschen Niederlassungserlaubnis unter bestimmten Umständen – so z. B. bei einem Aufenthalt von über sechs Monaten im Ausland – grundsätzlich erlöschen kann, entfällt dieses Risiko als weiterer Vorteil einer deutschen Staatsbürgerschaft. Schließlich erlangen sie mit der letzteren zugleich und automatisch auch die sogenannte Unionsbürgerschaft und genießen damit Freizügigkeit innerhalb der gesamten Europäischen Union, die momentan 27 Mitgliedstaaten umfasst.
Erste große Gesetzesänderung: Verringerung der Mindestvoraufenthaltsdauer
Zurzeit kann die deutsche Staatsbürgerschaft im Falle der sogenannten Anspruchseinbürgerung grundsätzlich nur nach erst acht Jahren Voraufenthaltsdauer in Deutschland erlangt werden. Hierbei ist besonders darauf zu achten, dass während dieser gesamten Zeit über der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland rechtmäßig und zudem grundsätzlich auch ununterbrochen gewesen sein muss. Alle drei Tatbestandsmerkmale – gewöhnlicher Aufenthalt, rechtmäßig, ununterbrochen – sind nicht selten problematisch und sollten besonders sorgfältig in jedem Einzelfall geprüft werden. Insbesondere wird der Aufenthalt in Deutschland bei einem Aufenthalt von mehr als sechs Monaten im Ausland grundsätzlich unterbrochen. Dem muss proaktiv mit einem Antrag auf Verlängerung der Wiedereinreisefrist begegnet werden.
All dies gilt es auch weiterhin zu beachten, wobei der Gesetzgeber aber nunmehr endlich erkannt hat, dass die Zeitdauer von grundsätzlich acht Jahren der Würdigung einer angemessenen Integration in die deutschen Lebensverhältnisse in zeitlicher Hinsicht nicht mehr der Realität angemessen ist. Eine hinreichende Integration wird daher nun bereits nach grundsätzlich fünf Jahren rechtmäßiger und ununterbrochener gewöhnlicher Aufenthaltsdauer in Deutschland angenommen. Die Staatsangehörigkeitsbehörde kann auf Ermessenswege diese Zeitspanne auf nur drei Jahre verkürzen, wenn der Einbürgerungsbewerber deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen und zudem besondere Integrationsleistungen – insbesondere besonders gute schulische, berufsqualifizierende oder berufliche Leistungen oder bürgerschaftliches Engagement – vorweist.
Darüber hinaus sind aber auch weiterhin die Einbürgerungsvoraussetzungen des Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Verfassung, die Lebensunterhaltssicherung, die Straffreiheit, ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache sowie Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland zu erfüllen.
Vorschau
Alleine aufgrund der Verringerung der Mindestvoraufenthaltsdauer ist mit einem extremen und sprunghaften Anstieg der Einbürgerungsanträge bei den zuständigen deutschen Staatsangehörigkeitsbehörden zu rechnen, wobei bei Weitem diese nicht allesamt hierauf in personeller und organisatorischer Hinsicht vorbereitet sein werden. Dies wird selbstverständlich wiederum zu noch höheren Bearbeitungszeiten von mehreren Monaten oder sogar Jahren führen. Die deutschen Staatsangehörigkeitsbehörden haben aber von Gesetzes wegen grundsätzlich nur drei Monate Zeit, um über einen Antrag zu entscheiden, bevor prinzipiell eine sogenannte Untätigkeitsklage erhoben werden kann. Eine rechtsanwaltliche Vertretung bei Ihrem Einbürgerungsantrag wie durch Fragomen kann Ihnen dabei behilflich sein, diese übermäßigen Bearbeitungszeiten möglichst zu verkürzen, indem wir die behördlichen Entscheidungsträger an diese gesetzliche Frist – einmal subtiler und einmal bestimmter – erinnern und es dabei verstehen, wohlwollenden Druck auf sie auszuüben.
Möchten Sie mehr erfahren?
Bitte halten Sie auch Ausschau nach dem zweiten Teil der Blogserie, der sich unter anderem mit der zweiten großen Neuregelung der Reform beschäftigt: der Zulassung von Mehrstaatigkeit, ohne seine ausländische Staatsangehörigkeit im Zuge der deutschen Einbürgerung aufgeben zu müssen. Zudem wird im zweiten Teil aufgezeigt, inwieweit eine rechtsanwaltliche Vertretung namentlich im Staatsangehörigkeitsrecht besonders vorteilhaft ist und warum gerade eine global agierende Rechtsanwaltskanzlei wie Fragomen hierbei von unschätzbarem Wert für den Antragsteller sein kann.
Für weitere Informationen und eine erste Beratung zu diesem Thema kontaktieren Sie bitte Rechtsanwalt und Associate Uwe Humbs unter [email protected] oder senden Sie Ihre Anfrage direkt an [email protected]. Dieser Blog wurde am 26. Juni 2024 veröffentlicht und unterliegt der Möglichkeit gesetzlicher Änderungen.
Um über die laufenden Änderungen im globalen Migrationsgeschehen informiert zu bleiben, abonnieren Sie bitte auch unseren Newsletter und folgen Sie uns unter LinkedIn, Twitter, Facebook und Instagram.
* Zur besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet. Die verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.
Reform of the German Nationality Act Part 1: Advantages of German Citizenship and the Reduced Waiting Period for Naturalization
This blog series focuses on the long-awaited revolutionary reform of German citizenship law, the majority of which will come into force on June 27, 2024.
The Act on the Modernization of Citizenship Law, which was passed at the beginning of 2024, can be described as revolutionary because it allows multiple citizenship, which has long been superfluous in Germany, and applicants for naturalization no longer have to give up their foreign citizenship to obtain German citizenship.
In addition, the long minimum period of prior residence in Germany of a full eight years as a central basic requirement for naturalization will be reduced to five years and, under certain conditions, even to three years.
Other essential changes concern the birth of foreign children in Germany, the abolition of the option procedure and certain legal privileges for the so-called guest worker and contract worker generation.
In the first installment of the blog series, the general advantages of German citizenship will be outlined before focusing on the first major legislative change, the reduction of the minimum period of prior residence in Germany.
Advantages of German citizenship
The advantages of German citizenship and thus obtaining a German passport are extremely numerous and varied.
The latter is considered to be one of the strongest in the world and offers far-reaching legal advantages when entering and staying in numerous countries around the world. As a German citizen, you also benefit from certain constitutional fundamental rights, which are reserved exclusively for Germans and not for foreigners. These include freedom of profession, freedom of association and freedom of assembly.
You also have the right to vote and stand for election, which strengthens your opportunities for political participation in the Federal Republic of Germany. As a German citizen, you also have access to the German civil service. This means that you can take up professions that provide for or at least offer the prospect of civil servant status.
While even the unlimited German permanent residence permit can expire under certain circumstances - e.g. if you stay abroad for more than six months - this risk is eliminated as a further advantage of German citizenship.
Finally, with the latter, you also automatically acquire European citizenship and thus enjoy the freedom of movement within the entire European Union, which currently comprises 27 member states.
Reducing the waiting period for naturalization
Currently, German citizenship can generally only be obtained after eight years of prior residence in Germany. Particular attention must be paid here to the fact that during this entire period, the habitual residence in Germany must have been lawful and, in principle, uninterrupted.
All three criteria - habitual residence, lawful, uninterrupted - are often problematic and should be examined carefully in each individual case. In particular, residence in Germany is generally interrupted if you have been abroad for more than six months. This must be countered proactively by applying for an extension of the re-entry period.
All of this must continue to be taken into account, although the legislator has now finally recognized that the period of generally eight years for assessing adequate integration into German living conditions is no longer appropriate in terms of time. Adequate integration is therefore now assumed after five years of lawful and uninterrupted habitual residence in Germany.
The citizenship office may, at its discretion, shorten this period to just three years if the naturalization applicant demonstrates German language skills at level C1 of the Common European Framework of Reference for Languages and also special integration achievements; for instance, particularly good academic, vocational or professional achievements or civic engagement.
In addition, the naturalization requirements of commitment to the free democratic constitutional system enshrined in the Basic Law of the Federal Republic of Germany, sufficient means of subsistence, no previous criminal convictions, sufficient knowledge of the German language as well as knowledge of the legal and social order and living conditions in Germany must still be met.
Preview
The reduction in the minimum period of prior residence alone is expected to lead to an extreme and erratic increase in naturalization applications at the responsible German citizenship offices, although not all of them will be prepared for this in terms of personnel and organization. This will naturally lead to even longer processing times of several months or even years.
By law, however, the German citizenship offices only have three months to decide on an application before an action for failure to act can be brought. Fragomen is poised to provide legal representation for your naturalization application and help you shorten these excessive processing times as much as possible by reminding the official decision-makers of this legal deadline.
Need to know more?
The second installment of this blog series, which focuses on the second major regulation of the reform, will be published next week.
For more information and an initial consultation on this topic, please contact Associate Uwe Humbs at [email protected] or send your inquiry directly to [email protected].
This blog was published on June 25, 2024, and due to the circumstances, there are frequent changes. To keep up to date with all the latest updates on global immigration, please subscribe to our alerts and follow us on LinkedIn, X, Facebook and Instagram.